Juden­bur­ger Notiz #22

poeTree – AUFBAU und ERÖFFNUNG Mittwoch, 8.5., 6:30: Tagwache! Duschen, Zähneputzen, Haarewaschen geht sich nicht aus – Kaffee ist wichtiger! Frühstück und Plaudern. Jaja, wenn 2 Plaudertaschen zusammenkommen. Plötzlich ist es 7:45. Geschwind rücken wir mit der Leiter aus. Später: Die Schülerinnen und Schüler kichern viel (die beste Schule für Autor und Autorin – wenn man es vor diesem Publikum schafft, schafft man es überall!

Juden­bur­ger Notiz #21

Gestern wurden meine Großcousinen gefirmt. Und wenn ich schon als AiR in Judenburg bin, lasse ich mir dieses Event natürlich nicht entgehen. Dachte ich und spazierte gemütlich zur Magdalenen Kirche. Die bereits vor Beginn der Zeremonie so voll war, dass ich gleich wieder umdrehte. (Von wegen, die Judenburger haben es nicht mit der Kirche). „Findest du den Gasthof überhaupt?“, fragte die Cousine meines Vaters und stolze Firmlingsmädel-Mutter. Klar. Google Maps angeworfen und ...

Juden­bur­ger Notiz #20

Die Autorin ist gerade in Wien. Hat beschlossen, den 1. Mai nicht unter dem Judenburger Maibaum zu verbringen (kein Blogeintrag um 6:30 im Railjet nach Villach also). Die Wohnung der Autorin ist ein Saustall (als hätte eine Bombe eingeschlagen, würde die Autorinmutter sagen).

Juden­bur­ger Notiz #18

Alles Klischee oder was? In letzter Zeit unterhalte ich mich sehr viel mit anderen über Sprache, Landschaft und Charakter der Menschen. Wie sehr beeinflusst eine Gegend die Sprache? Und wie sieht es mit den Verhaltensweisen der ansässigen Menschen aus? Typisch Wiener, höre ich immer wieder. Aber was ist typisch Wienerisch? Das Grummelige, das Grantige, heißt es immer. Dabei sind die Zeiten des Hans Moser längst vorbei. Damals gab es ihn noch, den charmanten Grantler. Ein Phänomen, das der Tourist nach wie vor in den Wiener Kaffeehäusern sucht – meist ohne Erfolg.

Juden­bur­ger Notiz #17

Mutig sein für die Kunst Auch wenn es mir Menschen, die glauben mich zu kennen, meist nicht abnehmen (weil ich so gern und so viel plaudere): Ich gehöre eigentlich zu den schüchternen Menschen. Nichts ist mir peinlicher, als mit Fremden in Kontakt treten zu müssen.

Juden­bur­ger Notiz #16

Murtal war Zentrum Heute habe ich mich mit dem Juliputsch beschäftigt – einem Putschversuch durch die Nationalsozialisten im Juli 1934 während des Dollfuß-Regimes. Nicht uninteressant auch für meinen Roman.

Juden­bur­ger Notiz #15:

Almen, Schlösser und Sauerkraut Manche haben einen Ohrwurm, ich habe einen Nasenwurm. Gerüche haken sich an meinen Flimmerhärchen fest und wollen nicht so schnell aus meiner Nase verschwinden. Gestern zum Beispiel. Hat mich ein Mann angehaucht, aus dessen Mund es eindeutig nach Sauerkraut roch.

Juden­bur­ger Notiz #14

Du scheißt, was zu beißt! Das ist natürlich kein sehr nobler Titel. Aber der ist mir heute Morgen am Balkon eingefallen. Manchmal kommen einem solche Ideen. Wenn man zum Beispiel überlegt, welchen Übertitel man für eine alberne Reimgeschichte verwenden könnte.

Juden­bur­ger Notiz #13

DER PFRIMER PUTSCH 1931 ist das Geburtsjahr meiner Protagonistin Rosa. Ich forsche im Internet nach. Stoße auf einen Judenburger, den man heute in allen österreichischen Geschichtsbüchern findet:Walter Pfrimer, Judenburger Rechtsanwalt und Führer des steirischen Heimatschutzes.

Juden­bur­ger Notiz #11

Samstagvormittag. Bauernmarkt, Wald und Hauptplatz Nord Morgeneinkauf. Bauernmarkt, Kürbiskernöl. Kaffee, Marmeladenbrot. Spaziergang. Danach, so nimmst du dir vor, setzt du dich hinter den Laptop. Um halb Zwölf, noch vor dem Mittagessen. (Mittagessen. Auch so eine Neuigkeit. Wenn man früh raus und in den Wald. Dass man da plötzlich um eine Zeit Hunger auf was Warmes, wo man normalerweise erst den zweiten Kaffee.)

Juden­bur­ger Notiz #10

Familienaufstellung Warum ausgerechnet Judenburg? Warum nicht die Geschichte der sudetendeutschen Schwiegermutter? Warum nicht die Geschichte der anderen Großmutter? Ich weiß es nicht. Es gäbe so viele Geschichten. Jede Familie hat ihre Geschichten.

Juden­bur­ger Notiz #9

Über Löcher und Zeitmaschinen In Meidling die Fahrscheinautomaten kaputt. Menschentrauben vor den Geräten. Das Imbiss bis zur Türe hin voll. Keine Chance, rechtzeitig an etwas Essbares zu kommen. Am Bahnsteig dann schon der Zug. Grölende Steirer in der Verbindung zwischen den Abteilen. Gib einem Steirer sein Gösser, schon fängt er zu grölen an. Der Schaffner hilflos. Muss sich zur Wehr setzen, zumindestguten Willen zeigen. Auf den Schaffner fällt alles zurück, er ist der Beschwerdemanager desZuges.

Juden­bur­ger Notiz #8

Ordnung statt Kunst oder: das zweckentfremdete Atelier Große Bahnen Papier an die Wände geklebt. Lila Buch aus der Lade. Die Erzählungen meiner Großtante, die Mitschriften (Filme, Bücher, Recherche), die Ideen auseinander dividiert. Auf Post-its übertragen. Vieles vergessen, vieles verworfen. Mit den Post its ins Atelier. Auf die vier Zeitebenen verteilt. Pfrimer-Putsch, Juliputsch, NS-Zeit, Widerstand.

Juden­bur­ger Notiz #7

Weil wir alle keine Vögel sind … 4:30: Der Wecker zwitschert. Drücke die Später-Taste. Insgesamt 3 Mal. Dann piepst der zweite Wecker. Erinnert mich an früher. Als ich in einem Alter war, in dem meine Freunde und Freundinnen studierten und sich darüber beschwerten ,dass ich um 22:30 schlafen ging und um 5:30 aufstehen musste. Die Stufe auf der sozialen Leiter erkennt man daran, ob jemand sich aussuchen kann, wann er aufsteht. Sagte ein mit mir bekannter Schauspieler und Kämpfer für das freie Plakatieren. Der übrigens auch nicht gerade einer ist, der viel schläft.

Juden­bur­ger Notiz #6

Heimat ist eine kitschige Postkarte Als Kind, da war Heimat noch dort, wo ich nicht zuhause war. Sowas musst du dir abgewöhnen, sonst gehst du unter. Ich habe vierzehn Jahre gebraucht, um Wien mögen zu lernen. Heimweh ist etwas, das dich dein ganzes Leben begleiten kann.Ich habe immer jene Leute beneidet, die sagen, dass sie übers Wochenende „heim fahren“. Was ist dieses „Heim“? Als Kind, da war Heimat noch dort, wo ich nicht zuhause war. Sowas musst du dir abgewöhnen, sonst gehst du unter. Ich habe vierzehn Jahre gebraucht, um Wien mögen zu lernen. Heimweh ist etwas, das dich dein ganzes Leben begleiten kann.

Juden­bur­ger Notiz #5

Auf der Suche nach einem poeTree Gemeinsam mit meinen KollegInnen von GRAUKO (Grazer Autorinnen und Autoren Kollektiv) möchte ich in Judenburg einen poeTree anbieten. Also einen Baum, auf den Gedichte gehängt und von dem sie wieder gepflückt werden können. Egal von wem.

Juden­bur­ger Notiz #4

Aichfeld Blues T. kommt aus Knittelfeld. Ist einer jener Menschen, die am Ende ihrer Kindheit geflüchtet sind. Hals über Kopf nach Wien, nur weg von hier.

Juden­bur­ger Notiz #3

Loftbezug Wenn Tage um 4:30 beginnen, hat man um 14:00 das Gefühl, schon unheimlich viel geschafft zu haben. Die Autorindieses Blogs klopft sich normalerweise auf die Schulter, wenn sie sich um 9:00 mit einer Tasse Kaffee vor ihr MacBooksetzt. Muss sie auch, denn wie die meisten lebt sie nicht vom Schreiben allein. Das ist so ein Irrglaube: Du schreibst einen Roman, ein Verlag findet ihn gut und schon ist das Häuschen am Meer samt mechanischer Schreibmaschine nichtweit. Weit gefehlt, wie die meisten „freien“ SchriftstellerInnen erkämpfe ich mir meine Schreibzeit zwischen Bürozeiten, ehrenamtlicher Tätigkeit und selbständiger Tätigkeit.

Juden­bur­ger Notiz #2

Railjet 731 von Wien Meidling nach Villach Hbf Unzählige Fahrten. Wiederholung. Starrst hinaus, die Augen halb offen, den Ellenbogen am Fenster, Kopf in derHandfläche. Wenn die Schneefelder langsam länger – aus dem BRAUNweiß ein braunWEISS wird. Du nach hintengedrückt in den Sitz. Barriere, Alpenbeginn. Dort, wo Heimat anfängt. Noch wird der Wald unterbrochen. Langgestreckte Betonbauten. Flach. Graffitis.

Juden­bur­ger Notiz #1

Der frühe Vogel kann mich mal… … so steht es auf den Taschentüchern, die mir meine Tante zum Trost geschenkt hat. Man hat den 22:00 Anschluss in Bruck/ Mur gestrichen, deswegen muss ich den 6:30 Zug nehmen.