Zur inner­städ­ti­schen Pfarr­kir­che, um zu schau­en, was sich am Oster­sonn­tag tut. Recht­zei­tig fällt mir der Schrift­stel­ler wie­der ein. Ob er heu­te auch in der Kirá­ly utca steht? Tat­säch­lich. Als er in mei­ne Rich­tung sieht, sen­ke ich den Kopf. Ein Mann nähert sich dem Tisch, geschwind bie­ge ich um die Ecke.

Manch­mal wün­sche ich mir einen Tar­num­hang. Ich wechs­le drei­mal die Geh­steig­sei­te, um groß­räu­mig aus­zu­wei­chen.

Ili­ja Tro­ja­now schreibt in der “Zeit” vom rich­ti­gen Spa­zie­ren­ge­hen. Dies müs­se ohne Ziel statt­fin­den, im rich­ti­gen Tem­po, man sol­le auf­merk­sam sein, nicht plau­dern. Dem­nach bin ich die per­fek­te Spa­zier­gän­ge­rin. Viel­leicht aber lei­det Tro­ja­now unter der sel­ben Krank­heit wie ich und macht nun einen Kult dar­aus, gibt Semi­na­re. Zurück zur ziel­lo­sen Lang­sam­keit. Viel­leicht soll­te ich auch Spa­zier­geh­se­mi­na­re geben. Das Pro­blem dabei ist bloß: In dem Moment, in dem du den Semi­nar­teil­neh­mern erklä­ren musst, dass sie gefäl­ligst nicht alles durch ihre Objek­ti­ve sehen und vor allem ein­mal den Mund hal­ten sol­len, gehst du selbst nicht mehr rich­tig.

Vor den Toren der Kir­che Men­schen. Orgel­klän­ge drin­gen nach drau­ßen. Ich gehe wei­ter zur Syn­ago­ge. Spä­he kurz hin­ein, wie­der habe ich kei­ne Lust, hin­ein­zu­ge­hen.

Nach einer kur­zen Run­de wie­der nach Hau­se. Drau­ßen ist es noch immer bedeckt und kühl, nach­mit­tags soll es schö­ner wer­den. Ich koche das Mit­tag­essen und schi­cke Bil­der vom Oster­ha­sen an die Jungs. Ob sie Eier gesucht hät­ten? A. schreibt, das Fest sei schon am Frei­tag gewe­sen. Vori­ge Woche habe ich ihm den Kar­frei­tag und den Oster­sonn­tag via Mes­sen­ger erklärt — in deut­scher Spra­che. Ich wie­der­ho­le mei­ne Aus­füh­run­gen auf Eng­lisch, erzäh­le von der Kreu­zi­gung und der Auf­er­ste­hung und ihrer Bedeu­tung für das Chris­ten­tum. Wow, schreibt A., das sei schön. Er habe sei­ne Scho­ko­la­de schon am Frei­tag bekom­men und geglaubt, Ostern sei vor­bei.

Mei­ne Mut­ter erzähl­te mir, bei einer Befra­gung öster­rei­chi­scher Jun­gen­d­li­cher hät­te ein sehr hoher Pro­zent­satz nicht gewusst, was zu Ostern gefei­ert wird. Sogar bei Weih­nach­ten waren sich eini­ge nicht sicher.

A. ist Schi­it und möch­te alles über die Geschich­te und die Kul­tur sei­nes neu­en Lan­des wis­sen. Ich höre die Stim­me einer Gesprächs­part­ne­rin von neu­lich: Aber das ist dein Jun­ge, die meis­ten sind nicht so. Woher sie das wis­sen wol­le, frag­te ich.

In Öster­reich kur­sie­ren neu­er­dings Schlag­wor­te wie „Wer­te­schu­lung“ und „christ­li­ches Abend­land“. Ich sit­ze allein in mei­nem Péc­ser Appar­te­ment und hal­te mich nicht an die Tra­di­ti­on des Fami­li­en­fes­tes. Eine Bekann­te aus Ban­ja Luka schickt mir Oster­grü­ße, sie selbst fei­ert als Ortho­do­xe erst Anfang Mai. Mei­ne Fami­lie ist nicht gläu­big, wir alle sind aus der Kir­che aus­ge­tre­ten. Dabei mag ich die­sen Jesus. Mei­ne Jungs mögen ihn auch, M. liebt den kit­schi­gen Chris­tus­film in per­si­scher Spra­che.

Wenn von christ­li­chen Wer­ten gespro­chen wird, soll­ten sich die Red­ner dar­an erin­nern, wie die­se eigent­lich aus­se­hen. Ich den­ke an die Berg­pre­digt. Noch immer ste­cken 11.600 Men­schen in Ido­me­ni fest. Heu­te wäre Jesus Links­ak­ti­vist.