Atel­je mla­dih Zago­net­ka revo­lu­ci­je Dah teatar, Beograd Redi­telj: Dija­na Miloše­vić

Mit der Panče­vo-City-Crowd beim Ex-Tea­ter-Fest

Wie­so lernst du eigent­lich so vie­le Men­schen in Panče­vo ken­nen?, wer­de ich von einer Freun­din gefragt.
Nun, das ist ein­fach. Ich bin hier eine klei­ne Sen­sa­ti­on. Ich bin die ers­te Öster­rei­chi­sche Autorin, die für einen Monat lang nach Panče­vo (wohl­ge­merkt: nach Panče­vo – nicht nach Bel­grad!) kommt.
2 Tele­fon­num­mern hat man mir vor­ab gege­ben. 2 Men­schen, das reicht in Ser­bi­en, um bin­nen kür­zes­ter Zeit 100 zu ken­nen.
“Wir sind die Panče­vo-City-Crowd, du gehörst jetzt zu uns”, sagt J. die es nicht ger­ne sieht, wenn ich nach Bel­grad fah­re. S. wie­der­um möch­te, das ich öfters nach Bel­grad fah­re. Du kannst dich doch nicht immer in Panče­vo ver­ste­cken, sagt sie – dann erin­ne­re ich sie dar­an, dass man mich nicht nach Bel­grad ein­ge­la­den habe. (Ich gebe zu, ich bin froh dar­um).

Seit vier Wochen bin ich nun schon hier. Auf mei­ner Küchen­an­rich­te lie­gen Thea­ter­kar­ten, heu­te ist die Anti­go­ne dran.
Ges­tern waren wir bei einer Art “Zet­tel-Din­ner”, des­sen Sinn sich mir nicht erschloss.


Mein Han­dy gibt ein Plong-Geräusch von sich. Ob ich schon auf dem Weg sei. Wir sind schon alle da.
Ich sehe auf die Uhr. Ich bin nicht mal spät dran, eine Tas­se Nes­ca­fé wäre sich noch aus­ge­gan­gen. Ich schlüp­fe ohne Kaf­fee in mei­ne roten Schu­he.

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1 Stun­de spä­ter.
Kre­on mit Brust­haa­ren und Mundl- Lei­berl (= wei­ßes Ripp-Unter­hemd), sein sen­si­bler Sohn Hai­mon (ein Poet), Anti­go­ne und ihre bos­ni­sche Schwes­ter Isme­ne (mit Kopf­tuch und Schaf­woll­so­cken), ein jun­ger Femi­nist und ser­bi­scher Anti­kriegs-Aktivst, ein Pries­ter im wei­ßen Gewand, ein Sol­dat mit rotem Stern auf dem Helm und Vir­gi­nia Wolf set­zen sich an einen Tisch und dis­ku­tie­ren die Rol­le der Frau. Der Poet bekommt von sei­nem Vater eine Men­ge Wat­schen, der Akti­vist wech­selt mit Vir­gi­nia Wolf mehr­mals die Plät­ze, der Sol­dat spricht über die west­li­che Pro­pa­gan­da und mar­schiert, Anti­go­ne dis­ku­tiert hef­tig mit der Schwes­ter und beschwert sich beim Sol­da­ten, der stän­dig in ihre Rede hus­tet .
Der Chor: Viel­stim­mi­ge, alte maze­do­ni­sche Lie­der, wel­che von den Schau­spie­le­rIn­nen zwi­schen den Text­frag­men­ten vor­ge­tra­gen wer­den.
J. hält sich die Ohren zu, sie hat Kopf­weh. Trotz­dem über­setzt sie das Wich­tigs­te für mich. Dass alle Schau­spie­le­rIn­nen im Dia­lekt spre­chen wür­den, dass es Dia­lek­te aus dem gan­zen ehe­ma­li­gen Jugo­sla­wi­en sei­en Ca. 50 Pro­zent des Tex­tes sind, wenn auch in den moder­nen Slang über­setzt, aus dem Ori­gi­nal von Sopho­kles.
Am Ende stel­len sich die Schau­spie­le­rIn­nen in einer Rei­he auf und ver­ra­ten, woher sie kom­men. Sie sagen: Mon­te­ne­gro, Koso­vo, Bos­ni­en, Voj­vo­di­na.
Unse­re Her­kunft ent­schied nicht über die Rol­len, heißt es.
Kre­ons Sohn ist der ein­zi­ge, der sei­nen Geburts­ort nicht ver­rät. Er been­det das Stück mit einem ein­zi­gen Satz: Ich bin Dich­ter.

Anti­go­na – pro­je­kat eman­ci­pa­ci­je Pla­vo pozoriš­te, Beograd Sce­na­rio i reži­ja: Nenad Čolić

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Im Anschluss das nächs­te Stück.
Es zeig­te­die jun­ge Gene­ra­ti­on Ex-Jugo­sla­wi­ens. Jene, die blei­ben und jene, die weg­ge­hen. Jene, die Kar­rie­re machen (bzw. auf Insta­gram so tun als ob) und jene, die sich mit schlecht bezahl­ten Jobs über Was­ser hal­ten. Jene, die sich als moder­ne West­eu­ro­päe­rin­nen geben (Wozu soll ich zurück in den Bal­kan?) und jene, die sich in der neu­en Hei­mat noch immer fremd füh­len.
Manch­mal sage ich zu J. wenn sie wie­der für mich über­set­zen will: Kon­zen­trier dich aufs Stück, ach­te nicht auf mich. Ich ver­ste­he das meis­te auch so.
Es stimmt. ich bin selbst ver­wun­dert, wie viel man noch immer ver­steht, wenn die Wor­te feh­len.