Sonn­tag. End­lich ist es wie­der son­nig. D. und ich tref­fen ein­an­der am Fluss, wir haben es nicht, wie ursprüng­lich vor­ge­habt, auf den Floh­markt geschafft, zu spät ist es letz­te Nacht gewor­den, als wir das Geschirr abwu­schen hat­te drau­ßen bereits die Däm­me­rung ein­ge­setzt.

Das Wet­ter ermög­licht es mir, in der Woh­nung zu sit­zen und an mei­ner Col­la­ge zu arbei­ten. Die Kli­ma­an­la­ge nut­ze ich zum Hei­zen, Küh­lung braucht es hier kei­ne.

Wir tref­fen F., sie ist auf der Suche nach jeman­dem, der ihr das Boot repa­riert, irgend­et­was stimmt mit der Steue­rung nicht. Hier am Fluss kennt man F., sie ist die ein­zi­ge weib­li­che Boots­be­sit­ze­rin. D. ver­traut ihrem Schneid nicht, man wird dich übers Ohr hau­en, sagt er, man wird dir zuviel Geld abknöp­fen, lass mich das für dich regeln.

F. schüt­telt den Kopf, seit drei­ßig Jah­ren lebe sie nun hier, kon­tert sie, Ich weiß, wie man mit euch ser­bi­schen Män­nern umgeht, auch mit den har­ten. Mich haut kei­ner übers Ohr!

Da ihr Boot unbe­nutz­bar ist, drü­cken wir die Klin­gel am Ufer. Ein klei­nes Boot holt die Restau­rant­be­su­cher ab, bringt sie ans ande­re Ufer, wo sich die Ter­ras­se des Lokals befin­det. Als ich es bestei­ge, füh­le ich mich wie Sir Peter Usti­nov in »Das Böse unter der Son­ne«. Kom­me mir zu groß und zu dick vor, obwohl ich gar nicht dick bin und auch nicht grö­ßer als ande­re. Skep­tisch hal­te ich mich fest an star­re aufs Was­ser.
Das Boot kannst du in Zukunft immer rufen, sagt F.. Dann musst du nicht über die Auto­brü­cke gehen.

D. und F. trin­ken Bier, ich bekämp­fe die Müdig­keit mit einem Häferl tür­ki­schen Kaf­fee. F.s Hund wälzt sich in Fisch­ab­fäl­len und wird von sei­ner Besit­ze­rin mit ange­wi­der­tem Gesicht in den Fluss getunkt. Der Hund stinkt, der Hund zit­tert. Sie müs­se nach Hau­se, sagt F., der Hund ver­küh­le sich sonst. Ich bin froh, mir ist auch kalt, trotz der Son­ne.
Zurück am stadt­sei­ti­gen Ufer wird F. ver­spro­chen, dass ihr Boot bis zum nächs­ten Wochen­en­de fer­tig sei. Sie sieht mich freu­de­strah­lend an. Nach Bela Ste­na kommst du dann mit!, sagt sie.
D. nickt begeis­tert, in F.s Som­mer­haus röche es so wun­der­bar bri­tisch, meint er.

F.war nicht nur D.s Leh­re­rin, sie ist auch sei­ne Nach­ba­rin. Jetzt lädt sie mich ein, auf einen Tee.
Wir schlen­dern den Fluss ent­lang. Tref­fen zuerst auf G. (Die schöns­te Frau der Stadt, sagt D.) dann auf S., eine Schuh­de­si­gne­rin. D. kennt sie von frü­her, komm mit, sagt er zu ihr, wir gehen zu F. Tee trin­ken, weil der nas­se Hund und die Autorin aus Öster­reich frie­ren.
S. schaut abwar­tend-höf­lich, sie kennt F. nicht, schließt sich dann aber doch an, obwohl F. stumm bleibt.
Er hät­te mich fra­gen kön­nen, flüs­tert F. mir zu, ich habe ja nichts gegen einen wei­te­ren Gast, aber er hät­te mich fra­gen kön­nen.

Auch in F.s Woh­nung riecht es bri­tisch. Die wei­ße Holz­ver­klei­dung an der Küchen­wand erin­nert mich an den Sprach­ur­laub von vor bei­na­he 30 Jah­ren, irgend­wo in Has­tings, wo das Meer selbst im Hoch­som­mer zu kalt zum Baden.

Wir sit­zen an F.s Küchen­tisch und trin­ken Tee mit Milch (eine Sit­te, die S. neu ist), D. trinkt selbst-mit­ge­brach­ten Wein. F. nimmt sein Glas und rümpft die Nase. Ich kos­te. Erin­nert an Uhud­ler, sage ich.

Wir bewun­dern S.’ Schu­he, D. quas­selt zu viel, wie immer, wenn er Wein trinkt und Frau­en anwe­send ist. Fran­ce­s­ca drückt mir ein Taschen­buch in die Hand. Nicht beson­ders gut geschrie­ben, meint sie, aber das The­ma sei inter­es­sant.

Ich fil­me von F.s Bal­kon hin­un­ter auf die Stra­ße. Für unser Pro­jekt, sage ich. Der Ire liegt näm­lich schon den drit­ten Tag besof­fen irgend­wo rum, der wird mir kei­ne Hil­fe sein.

D. beglei­tet mich bis vor die Haus­tür. Erst wenn ich sicher oben ange­kom­men bin (er wird es am Licht erken­nen), wird er sich umdre­hen und Rich­tung Post gehen, wo sein Freund (der Dich­ter, der kein Dich­ter sein will) auf ihn war­tet. Ich ken­ne ihn nur aus Erzäh­lun­gen, weiß von sei­nen Hef­ten, in die er Gedich­te schreibt, die angeb­lich an die von Charles Bukow­ski erin­nern, auch weiß ich vom Ros­ma­rin auf sei­nem Bal­kon (des­sen Zwei­ge mir D. gern mit­bringt).

Zu Hau­se ange­kom­men, rau­che ich eine letz­te Ziga­ret­te, stel­le mich unter die hei­ße Dusche und lege mich unter die drei Bett­de­cken. Begin­ne F.s Buch zu lesen und fin­de die ers­ten Zei­len so span­nend, dass ich doch noch­mals auf­ste­he, um Nes­ca­fé zu machen.