FLUGBLATT
Der Schriftsteller wird vom Staat subventioniert (ergo von den Steuergeldern der hart arbeitenden Menschen), also ist es seine Pflicht, sich nach den Forderungen der von den hart arbeitenden Menschen gewählten Volksvertreter zu richten. Auch wäre es die Pflicht der Volksvertreter, sich nach dem Willen des Volkes zu richten. Nach dem Willen des Volkes gäbe es keine subventionierten Künstler. Die Künstler sollen ins Werk arbeiten gehen, danach können sie Kunst schaffen, wenn sie wollen.
Der hart arbeitende Mensch hat ein Recht auf Unterhaltung. Er hat also ein Recht, dass der Strom nicht ausfällt, wenn gerade die Telenovela läuft. Der Strom darf nach 23h ausfallen, denn da schläft der hart arbeitende Mensch schon. Der nicht hart arbeitende Mensch mag abends noch einen Kopf haben für Kultursendungen, deswegen spielt es die immer erst ab 23:00, denn der nicht hart arbeitende Mensch ist nicht so schnell müde.
Der hart arbeitende Mensch von heute arbeitet hinter einem Bildschirm. Nachdem er 8 Stunden hinter dem Bildschirm gesessen ist, sind seine Augen zu müde zum Lesen. Schon gar nicht schafft es der hart arbeitende Bildschirmmensch, sich via Internet weiterzubilden, da seine Augen nach 8 Stunden Bildschirmarbeit keinen Bildschirm mehr ertragen. Deswegen dreht der hart arbeitende Mensch den Plasmafernseher auf. Das Plasma kühlt die Augen, die am nächsten Tag wieder fit für die Bildschirmarbeit sein müssen.
Der vom Staat subventionierte Schriftsteller sollte aufhören, Bücher zu lesen. Immer, wenn man an der (von der Gemeinde subventionierten) Wohnung des Schriftstellers vorbeigeht, liest er. Die Steuergelder der hart arbeitenden Menschen subventionieren das Nichtstun des Schriftstellers. Am Ende der subventionierten Zeit ist das Werk des Schriftstellers nicht fertig. Man sollte ihm also die Subventionen wieder entziehen.
Wenn ein Schriftsteller in der Stunde 3 Seiten schreibt, dann müssen am Ende von 3 subventionierten Monaten mindestens 5 Bücher fertig sein. 3 Seiten pro Stunde sind nicht zu viel verlangt. 8 Stunden pro Tag, das ist eine normale Arbeitszeit. Am Samstag und Sonntag darf der Schriftsteller dann lesen, wenn er das möchte. 8 Stunden mal 3, das wären 24 Seiten pro Tag. Schafft der Schriftsteller also in einem Monat einen Roman, der so dick ist, dass ihn keiner mehr lesen will. Reichen 240 Seiten auch, genügt also ein halber Monat für einen Roman. Nachdem der Roman von der Gemeinde subventioniert wurde, sollte der Erlös des Buches auch an die Gemeinde zurückfließen.
Am idealsten wäre es, der Schriftsteller schriebe eine Telenovela. Das gefällt dem hart arbeitenden Volk, das erkennt man an den Einschaltquoten. Für einen Telenovelaschriftsteller darf man auch Steuergelder verwenden, denn für etwas, das man gerne sieht, zahlt man gerne. Die Telenovela würde den Ort berühmt machen und viele Leute anlocken. Eine eigene Aichfeld-Telenovela würde die Abwanderung aufhalten und den Tourismus beleben. Die Jungen müssen nicht mehr nach Graz und die Touristen kommen in Scharen zum Originalschauplatz. Die unnötige Kunstmeile wird ausgebaut und in ein Studio umgewandelt. Die schöne Zirbenstadt samt umliegender Almwiesen und Berglandschaft ist ein schöner Schauplatz für eine Telenovela. Der Schriftsteller schreibt wöchentlich eine neue Folge, der Filmemacher dreht. (Der Hochhauser samt Xenophonhaus darf auch in eine Folge hinein, ein bisschen Griechenland sehen die Leute sich auch in einer Telenovela gerne an.) Die Makulatur verschwindet, die Flecken werden abgerissen. Schöne, bunte, neue Zirbenwelt!
Das Kulturamt wird neu besetzt. Nicht mehr die Parteizugehörigkeit ist ausschlaggebend, sondern die Kontakte zu Geldgebern und wichtigen Persönlichkeiten aus der Filmbranche. Die Leute im Kulturamt müssen von nun an immer am laufenden Stand sein und die Arbeit der 3 Künstler überwachen. Wer nicht im Sinne der arbeitenden Masse und der Telenovela arbeitet, wird des Aichfeldes verwiesen. Individualismus ist Privatsache. Wer einen Baum mit Texten, die niemanden interessieren, bestücken will, soll dies im eigenen Garten tun. Am Hauptplatz werden die Bäume gefällt, damit mehr Platz ist. Natur gibt es rundherum, braucht man sie nicht in der Stadt. Stattdessen wird von Mai bis Oktober ein riesiges Bierzelt aufgebaut, in dem die Schauspielerinnen der Telenovela im Dirndl Murauer Bier servieren. Damit wird München unbrauchbar und kann abgeschafft werden.
Die Bevölkerung muss über den Stand der Telenovela immer am Laufenden sein. Ehrenamtliche Mitarbeiter lesen die Rohfassung des Manuskripts und entscheiden, ob der Schriftsteller sein Soll erfüllt hat. Jedes Überprüfungsmitglied erhält eine „Alles Scheiße“-Karte. Bei der dritten Vergabe einer solchen Karte, wird der Schriftsteller nach München ausgewiesen.
Das Konzept Aichfeld-Telenovela wird unseren schönen Landstrich retten. Hunderttausende Touristen werden in unsere schönen Städte und Dörfer strömen, und unsere Jugend wird nicht mehr abwandern, da es für alle die passenden Jobs geben wird. Die Betriebe der „Kraft – das Murtal“ werden von Aufträgen überschwemmt werden, da ein ganzes Fimstudio (Container, Bühnen, Technik, Beleuchtungskörper, etc) aufgebaut werden muss.
Wir, die Initiative GoATN (Go for Aichfeld TeleNovela) rufen die Bürger auf: Stimmt für uns! Schluss mit Geldern für archäologische Ausgrabungen (wer braucht schon dieses alte Gerümpel, das die Menschheit vor tausenden von Jahren ausgemistet hat), Schluss mit der Aufarbeitung der Vergangenheit (Schließt das Museum!), Schluss mit der Förderung einer Kunst, die niemanden interessiert. Antrag: Am Gelände der Kaserngasse 16 bis 27 sollen Filmstudios gebaut werden. Das K25 darf als Kantine für die schaffenden Filmleute bestehen bleiben).
Wir fordern alle Bürger auf: Stürmt das Rathaus! Wir schlagen vor: Arnold Schwarzenegger als Bürgermeister und Castingchef der neuen Aichfeld-Telenovela-Stadt (damit auch die Männer unsere Sendung gerne schauen!)
Informationsabend : Unsere Zukunft liegt in der Aichfeld-Telenovela
HEUTE um 17:00
Kaserngasse 16, Judenburg
Es sprechen die Mitglieder der neu gegründeten Initiative GoATN