Weifert und der Dinarschein
(erstes Bier in Pančevo, 5. Mai 2019)
Mein erstes Date führt mich in ein Bierlokal. Dabei sind weder J. noch ich Biertrinkerinnen, wir bevorzugen beide Wein (J. noch viel strikter als ich, wie sich herausstellen wird.)
Das Lokal befindet sich gleich gegenüber der angeblich ältesten Brauerei des Balkans: der Weifert Brauerei. (Offensichtlich hat man Pančevo vieles eingeführt, auch die älteste Wochenzeitschrift Serbiens wird hier herausgegeben.)
Das Bier schmeckt nach Ananas.
J. und ich plaudern, über Literatur, die Zeitschrift Rukopisi, deren Mitherausgeberin J. ist. Über unsere gemeinsame Bekannte in Graz und J.s Erfahrungen als Writer in Residence in Tirana und Graz. Über russischen Vodka, welcher der Grund ist, warum es in der Moskauer Bar, in der J. mit anderen AutorInnen hängen geblieben ist, nur Stehtische gab.
Als ich in mein Appartement über der Western Union zurückkehre, gebe ich den Namen Weifert in die Suchmaschine ein. Erfahre, dass man den guten, alte Georg Weifert hier Đorđe Vajfert schreibt, und dass er nicht nur Brauereibesitzer, sondern auch dritter Gouverneur der Zentralbank des Königreichs Serbien und erster Gouverneur der Zentralbank des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen war sowie auch der Begründer des modernen Bergbauwesens in Serbien. Dass man sogar die Kirche, an der ich, wenn ich zur Busstation gehe, nach seiner Mutter (Anna) benannt hat und dass der Mann, der auf dem rosa 1000 Dinar Schein abgebildet ist, niemand anders ist als eben jener Georg Weifert.
Schade, sagt J. dass man die stillgelegte Brauerei nicht für Kunstprojekte öffnet. Sie wäre der ideale Ort.
(Weifert Brauerei, Grab von Georg Weifert und Kirche St. Anna)