Darf ich Ihnen mei­nen bereits erwähn­ten Vor­gän­ger vor­stel­len? Ich habe ihn heu­te selbst gegoo­gelt. Es gibt Autoren, deren Namen kennst du zwar – aber es braucht einen Anstoß, bis du dir end­lich die Fra­ge stellst, wie­so du das eine (oder and­re) Buch noch nie gese­hen (geschwei­ge denn gele­sen) hast. Ja, wie­so eigent­lich?

Über der Lese­pro­be ver­ges­se ich fast auf den Kaf­fee, der noch immer in der Kan­ne war­tet. Beim Kol­le­gen-Stal­ken kön­nen gan­ze Tage ver­ge­hen. Und natür­lich sind sie alle krea­ti­ver, sprach­ge­wand­ter, flei­ßi­ger, … außer­dem lei­det kei­neR von ihnen am Kirsch­zweig-Syn­drom. Wenn es ganz arg wird, goog­le ich R.F. Die höchs­te Stu­fe des Maso­chis­mus sind bay­ri­sche Pro­vinz­kri­mis. R.F. holt mich auf den Boden der Rea­li­tät zurück, die Bücher mit den karier­ten Tisch­de­cken am Cover ver­kau­fen sich 100x, wenn nicht 500x so oft wie Fian und Fut­scher zusam­men – von mir ganz zu schwei­gen. Hör auf, ver­gleich dich nicht immer mit den ande­ren!, wet­tert mei­ne Lek­to­rin, schreib lie­ber wei­ter! Sie gibt es nicht zu, aber ein Gries-Kri­mi wür­de dem Deu­ti­cke Ver­lag mehr Geld ein­spie­len als ein Bos­ni­en-Roman. Viel­leicht schrei­be ich den Tän­del­wie­sen-Blues (hier­mit gilt der Titel als geschützt, Klau­en ver­bo­ten!)

Heu­te wer­de ich eine Buch­hand­lung besu­chen. Ich will wis­sen, wen die Ungarn ger­ne lesen. Imre Ker­tezs fällt mir ein, aber der wird wohl nicht ganz vor­ne in der Aus­la­ge lie­gen. Sán­dor Márai? Wie­so fällt mir kein jün­ge­rer Autor ein — oder gar eine Autorin? Oh, da gab es die­ses dün­ne, gel­be Buch. Müss­te noch in mei­ner Woh­nung ste­hen. Oder habe ich es bei der Über­sied­lung nach Graz der Ger­ma­nis­tik­stu­den­tin geschenkt? Melin­da Schi­ma. Atmen (Léleg­zet).

Bevor ich hin­aus­ge­he, muss ich mich noch dis­zi­pli­nie­ren. Immer­hin bin ich andert­halb Stun­den frü­her auf­ge­stan­den. Ein paar Stun­den Arbeit am Thea­ter­stück, dann der Pécs-Spa­zier­gang. Viel­leicht soll­te ich heu­te den Män­nern nach­ge­hen. Ja, die­se Idee gefällt mir. Kannst du bit­te ein­mal ernst­haft recher­chie­ren, Mar­ga­ri­ta? Über die Fried­hö­fe z.B, die Male­rei, die Musik und/ oder das Natio­nal­thea­ter. Oder die Syn­ago­ge. Wozu sonst hat dir Káro­ly Méhes die vie­len Bro­schü­ren in die Hand gedrückt? Wozu liest du Wein­zet­tel? – Eben, ant­wor­te ich trot­zig, wur­de eh schon alles von Wein­zet­tel geschrie­ben. Und Fut­scher hat die Feh­ler kor­ri­giert.

Ges­tern Abend (ich las Anto­nio Fian — der Meis­ter des Dra­mo­let­tes ent­puppt sich in mei­nem Péc­ser Appar­te­ment als sen­sa­tio­nell wit­zi­ger Roman­au­tor) pling­te und plong­te es in mei­nem Smart­phone. Grün und Blau wech­sel­ten ein­an­der ab, fast hät­te ich dem Fal­schen Deutsch­vo­ka­beln geschickt und den Unter­schied zwi­schen dem ein­köp­fi­gen und dem dop­pel­köp­fi­gen Wap­pen­vo­gel erläu­tert. Erklär ein­mal den Stän­de­staat via Face­book Mes­sen­ger! Ich bin eine ehr­gei­zi­ge Teil­zeit­mut­ter, der Bub wird zum Vor­zei­ge­so­zia­lis­ten erzo­gen, ges­tern hat er mir schon zum Frau­en­tag gra­tu­liert.

Was das alles mit Pécs zu tun hat? Gar nichts. So ein Tage­buch dient nichts ande­rem als dem Frei­schrei­ben. Hirn­ab­fall nennt man das. Ich swit­che zwi­schen den Doku­men­ten, dies hier ist mei­ne Pau­sen­be­schäf­ti­gung, ein Abfall­pro­dukt, das ich euch gern zur Ver­fü­gung stel­le — als Amü­se­ment für eure Pau­sen.

Nach 5 Stun­den Schreib­ar­beit zieht es mich nun in die Son­ne. Ohne­hin muss ich heu­te recht­zei­tig in der W‑Lan-Zone sein. Ganz so leicht ist es nicht, die Kin­der, die Freun­din­nen und — ach ja — die gro­ße Lie­be zu igno­rie­ren.

Viel­leicht soll­te ich Fut­scher tat­säch­lich ken­nen ler­nen. Wüss­te ger­ne, ob ihm die Flucht damals gelun­gen ist. Da die deut­sche Über­set­zung sei­nes Tage­bu­ches in der Mit­te abbricht, kam ich nur zu den Mini­rö­cken — von denen mei­ne Freun­din behaup­tet, kei­nen ein­zi­gen auf mei­nen Fotos ent­deckt zu haben. Viel­leicht muss es doch noch ein wenig wär­mer wer­den, hier in Ungarn.