Bil­lig­con­tent Blues [erschie­nen in der Antho­lo­gie Tex­te 5]

Bil­lig­con­tent Blues [erschie­nen in der Antho­lo­gie Tex­te 5]

Ich schaue meinem Mann ins Gesicht. Seine Augen sind geschlossen, wir liegen im Bett, es ist kurz nach halb sieben.  „Immer dasselbe, langweilige Ritual“, sagt er, als er die Augen aufschlägt. „Aufstehen, Kaffeemaschine einschalten, Zähne putzen, Käsebrot essen, aufs Klo gehen, duschen, anziehen und in die Schuhe schlüpfen.“ „Ich schlüpfe morgens nie in die Schuhe“, sage ich. 
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VATER VON SIE­BEN [erschie­nen in der Antho­lo­gie “Sie­ben”]

Sieben Geschwister sind sie gewesen, sagte die Großmutter. Die Lore, der Otto, der Josef, den alle den Pepsch nannten, der Hermann, der Ludwig, die Meri und als Letzte sie selbst, die Fips, eigentlich Philippa. Davor gab es noch drei Kinder, aber die gehörten nicht dazu, die waren vor ihrer Zeit. Die drei haben ihren ersten Geburtstag nicht erlebt, das eine kam 1914 tot zur Welt, das zweite wurde keine Woche alt und das dritte (auch schon ein Josef, so steht es auf dem Grabstein) starb mit nur neun Monaten an der Grippe, zwei Wochen bevor der Urgroßvater aus dem Großen Krieg heimkehrte.
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Tod einer guten See­le [erschie­nen in der Antho­lo­gie “Radies­chen von unten”]

Tod einer guten See­le [erschie­nen in der Antho­lo­gie “Radies­chen von unten”]

Alle sind sie gekommen. Fein herausgeputzt, Schuhe poliert, Blick nach unten. Die arme Berta, sagen sie. So eine gute Seele und so ein hässliches Ende. Und was jetzt wohl wird, aus der Trudi und dem Martin, jetzt, da die Berta nicht mehr für sie sorgen kann. Wo doch die Trudi nicht einmal mehr ihr eigenes Spiegelbild erkennt. Ich stehe im Novemberregen. Nicke nach links, nicke nach rechts. Denke: In ein Zimmer wird man sie schieben. Die Trudi in eines mit Bett und Schnabelhäferl und den Martin …

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Schla­fe, mein Prin­zen [erschie­nen in der Antho­lo­gie “Mör­de­ri­sche Alpen”]

Schla­fe, mein Prin­zen [erschie­nen in der Antho­lo­gie “Mör­de­ri­sche Alpen”]

Das Gesicht liegt im Schatten, deswegen kann Süßkind sein Gegenüber nicht sehen. Aber hören kann er den Mann, dazu ist so eine Vorrichtung ja gedacht, zum Hören, und hören, das tut Süßkind, von weichem Fleisch und süßem Atem, von blauen Puppenaugen unter nassen Wimpern und rot angelaufenen Backen. Von Schweiß, süßlich-sauer wie Himbeersaft, von strampelnden Beinchen, die Minuten zuvor noch auf dem Fahrrad gestrampelt sind und nun in die Luft treten. Schweiß bricht aus Süßkinds Körper, kein süßlich-saurer Himbeerschweiß, sondern herb-saurer Männerschweiß, er tränkt das Hemd und lässt die Lippen salzig schmecken, führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von den Bösen. Süßkind fährt mit dem Zeigefinger unter den Kragen, Luft, er bekommt keine Luft, der Kehlkopf ...
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“Tor­ten­schlach­ten”

“Tor­ten­schlach­ten”

Mit Geschichten von Polly Adler, Ela Angerer, Bettina Baláka, Ruth Cerha, Friedrich Dönhoff, Petra Hartlieb, Monika Held, Peter Henisch, Wolfgang Hermann, Margarita Kinstner, Elisabeth Klar, Edith Kneifl, Konrad Paul Liessmann, Heidi List, Klaus Nüchtern, Klaus Oppitz, Kurt Palm, Verena Petrasch, Eva Rossmann, Tex Rubinowitz, David Schalko, Susanne Scholl, Dirk Stermann, Cornelia Travnicek, Anna Weidenholzer und einem Songtext von Gustav
Antho­lo­gie “Bezie­hung­Kri­sen­Herd”

Antho­lo­gie “Bezie­hung­Kri­sen­Herd”

„Ausweitung der Kampfzone“ – so lautete das Thema des 19. Münchner Kurzgeschichtenwettbewerbs. Über 700 Schreibende meldeten sich – dramatisch, spannend, verzweifelt, ironisch, liebevoll, einfühlsam – mit einem kurzen Text zu Wort. „Kampfzone“, das ist für die einen Krieg, Neo-Imperialismus, Balkan, Afghanistan, für die anderen Geschlechterkampf, Identitätsfindung, Liebe oder Altern. Die 23 besten Storys hier in vorliegender Anthologie.
“Stadt­men­schen”

“Stadt­men­schen”

– Stadtmenschen – Vierzig Stadtmenschen erzählen über das Lebensgefühl Stadt, von Lieblingsplätzen und prägenden Erinnerungen, Sehnsüchten und Lebensentwürfen.

Sucht [erschie­nen in der Antho­lo­gie “Exis­tenz und Reni­tenz”]

Milchig weiß lehnt sich der Novembernebel gegen die Fensterscheiben und konserviert Gedanken zwischen Stahlbetonwänden. Alles friert ein und steht still. Gery sitzt am Sofa, die Heizung im Rücken auf die höchste Stufe gedreht, und beugt sich über den niedrigen Sofatisch. Mit einer rosa Bipa Bonuscard teilt er das weiße Pulver in zwei Linien, daneben leuchtet der Bildschirm des Laptops.