Die Hand­lung mei­nes neu­en Romans ist es, die mich nach Sara­je­vo führt.
Sara­je­vo – die einst bela­ger­te Stadt. In mei­nem Kopf: Fotos von umge­kipp­ten Stra­ßen­bah­nen, zer­schos­se­nen Häu­ser. Sna­j­per.
Fra­ge mich selbst, wie­so ich aus­ge­rech­net die­sen Hand­lungs­strang in mei­nen Roman schrei­ben muss. (Aber doch, ich weiß es, war­um.)
Mein Dani­jel: ein Kind der Dia­spo­ra, das sich mit 37 plötz­lich ein­bil­det, in sein Hei­mat­land zurück­keh­ren zu wol­len. Und Kat­ja kommt mit ihm.
(Eine Vor­la­ge zu den bei­den gibt es – aber das alles ist pri­vat.)


Aus den Medi­en höre ich immer nur Nega­ti­ves. Ein Land, gefan­gen zwi­schen Day­ton und Kor­rup­ti­on, so neh­me ich Bos­ni­en wahr. Kon­tak­te habe ich nur zu Kroa­ti­en, zu Mon­te­ne­gro. Und zu Boniser*innen, die hier leben.

Nach unse­rer gemein­sa­men GRAU­KO-Rei­se stei­ge ich auf dem Rück­weg in Zagreb aus. Mei­ne Bade­ta­sche bleibt im Grau­ko­mo­bil, ich schul­te­re den Tram­per­ruck­sack. Kau­fe ein Zug­ti­cket für den nächs­ten Tag, in einem Hotel­zim­mer teilt man mir das Besen­kam­merl zu, das noch immer ziem­lich teu­er ist.

Die Zug­fahrt dau­ert einen gan­zen Tag. Ich erin­ne­re mich an die Zug­fahr­ten mei­ner Kind­heit im Rau­cher­ab­teil. Damals mit Save­ta, Rich­tung Meer.
Dir vor­über­zie­hen­de Land­schaft.
Trotz der Müdig­keit kann ich die Augen nicht von der Fens­ter­schei­be neh­men. Ich schie­ße kei­ne Fotos – die Schei­be ist zu schmut­zig, mich hin­aus­zu­leh­nen bin ich zu faul. Kann den Moment sowie­so nicht auf Fotos fixie­ren.
Auf­ge­regt­heit kriecht in mir hoch. Die Land­schaft – irgend­wie Hei­mat­ge­fühl. So anders ist es hier nicht als in der Stei­er­mark, zumin­dest nicht, was die Natur betrifft. Hügel, Wäl­der, Wie­sen.
Am Abend klet­te­re ich aus der Bahn. Ich habe kein Hotel­zim­mer gebucht. Will mich gera­de auf den Weg machen, da spricht mich ein jun­ges Mäd­chen an. Die Eltern ver­mie­ten Zim­mer an Tou­ris­ten – für 10 Euro die Nacht. 

Sara­je­vo emp­fängt mich also mit offe­nen Armen. Ich war­te mit dem Mäd­chen beim Auto des Vaters – falls noch jemand Inter­es­se hat.
Das Haus stellt sich als eines der ältes­ten in Sara­je­vo her­aus. Im Innen­hof: Gemü­se, Obst­bäu­me, Min­ze, ein klei­nes Bio­top, eine Kat­zen­mut­ter mit 3 Kätz­chen, ein alter Hund. Wäsche auf Lei­nen. Eine lachen­de rot­haa­ri­ge Frau – Bel­ma. Ich bekom­me mei­nen ers­ten bos­ans­ka kava ser­viert. Trin­ke, rau­che eine Ziga­ret­te. Der Muez­zin legt sei­nen Gesangs­tep­pich über den in die let­zen Son­nen­strah­len ein­ge­tauch­ten Gar­ten.


Jetzt bin ich also hier. Dass ich mir kei­ne Sor­gen machen muss, mei­ne Prot­ago­nis­tin hier­her­zu­schi­cken, den­ke ich. Sara­je­vo scheint eine Stadt zu sein, in der man sich viel­leicht doch wohl füh­len kann. Aber noch weiß ich nichts dar­über.