Lesung
Ort: Café Vetter, Marburg, Deutschland
Zeit: So, 22. September 2013, Beginn: 11.00
Veranstalter: Literatur um 11
Rückschau:
Marburg. Meine erste Lesung im Ausland. Und fast wäre ich ins falsche Ausland gefahren.
Marburg? – ein Ort und ein Fragezeichen, so stand es in der Betreffzeile jenes Mails, das ich von Brigitte Kaserer, der Veranstaltungsleiterin des Deuticke-Verlags, erhielt. Und an welchen Ort denkt sich die Autorin und Fast-schon-Grazerin? Natürlich nach Maribor. Zum Glück hat Brigitte den Flieger gebucht – ich hätte den Zug Richtung Zagreb genommen …
Ich reiste also mit dem Flieger nach Deutschland. Den Bahnhof habe in guter Erinnerung, dort habe ich nämlich anderthalb Stunden auf den Anschluss gewartet und viele kreative Ausreden für sämtliche Verspätungen durch den Lautsprecher gehört. Endlich im Zug verriet mir meine Sitznachbarin dann: „In Deutschland rechnest du lieber immer drei bis vier Stunden Verspätung ein.“
Herr Legge, der bereits auf mich wartete, wurde indes schon ein wenig nervös. „Wenn Sie da sind, rufen Sie mich an und setzen sich in ein Taxi zum Best Western Hotel. Dann sind wir gleichzeitig dort“
Das Best Western Hotel heißt jetzt allerdings nicht mehr Best Western Hotel, der junge Taxifahrer, mit dem ich mich über Politik unterhielt (meine Lesung fand am Tag der Wahlen statt), meinte, am besten wir versuchten es trotzdem. An der Rezeption stellte sich heraus: Keine Buchung – weder auf meinen Namen noch auf einen Herrn Legge oder auch die Neue Gesellschaft für Literatur. Da stand ich nun – eine nicht mehr ganz junge, völlig unbekannte Autorin, im richtigen Marburg zwar, aber im falschen Hotel.
Wie sich dann herausstellte: Herr Legge wartete auf der gegenüber liegenden Straßenseite. Und lachte. Ich sei im Büro der Neuen literarischen Gesellschaft untergebracht, das Hotel sei bloß ein guter Treffpunkt, da hier der Lift zur Altstadt hochfahre.
Das Büro war dann aber sowieso viel netter als ein Hotel – ich hatte eine ganze Wohnung voller Bücher zur Verfügung, jedes Mal, wenn ich zur Eingangstür kam, lachte ich mir selbst vom Plakat entgegen und auf dem Schreibtisch lag ein einziges Buch .. und das hieß „Mittelstadtrauschen“.
Ein Service, den man im Hotel ebenfalls nicht bekommt:
Herr Legge führte mich abends zum Essen in ein griechisches Lokal aus (und erklärte mir dort, dass mein Roman ein sehr olfaktorisches Erlebnis sei), anschließend wurde ich durch die Stadt geführt, die mir eindeutig besser gefällt als Maribor!
Am nächsten Morgen hab es ein Sekt-Lachsfrühstück im Café Vetter … und da traf auch schon dasPublikum ein. Das hauptsächlich aus älteren Damen bestand. Was mir, wie ich zugeben musste, ein bisschen Sorge bereitete – immerhin rennt in meinem Buch einer mit einer Sexpuppe in die Straßenbahn und die Szene mit dem koksenden Gery, der sich vor den Anzeigen im Internet einen runterholt, hatte ich auch vorbereitet.
Meine Befürchtungen waren jedoch unbegründet. Zwar sahen die Damen meiner Hedi sehr ähnlich, aber es musste für sie kein Film im Belaria-Kino sein. Zumindest bekam ich viel Lob – und Herrn Legge gingen sogar die Verkaufsexemplare aus. Und das, obwohl aufgrund der Wahl viel weniger Publikum gekommen war als üblich bei Literatur im 11.
Vielen Dank an dieser Stelle an Herrn Legge und Literatur um 11! Schön wäre es, mit einem anderen Buch mal wiederzukommen.
Am Rückweg habe ich dann sogar noch ein unverhofftes, zweites “Honorar” verdient – der Flieger war nämlich überbelegt. Für die Nacht mehr in Frankfurt gab es eine schöne Aufwandsentschädigung.