Mit­tel­stadt­rau­schen auf der Leip­zi­ger Buch­mes­se

Lesun­gen
Do, 14. März 2013, 16.00
Fr, 15. März 2013, 15.00

Rück­schau
Alle zwei Jah­re wird ein Autor, eine Autorin vom Deu­ti­cke-Ver­lag geschickt, dies­mal durf­te ich es sein.
„War­um wollt ihr eigent­lich immer alle auf die Buch­mes­se?“, frag­te mich Bri­git­te Kase­rer.

Nun, ich erin­ne­re mich. Vor vie­len, vie­len Jah­ren woll­te ich mit mei­ner Freun­din Gabi nach Leip­zig. Mit dem Nacht­zug. Hotel hät­ten wir uns kei­nes leis­ten kön­nen, also hat­ten wir vor, hin­zu­fah­ren, rein­zu­schau­en und wie­der zurück­zu­fah­ren. Aus unse­rer Rei­se wur­de nichts. (Wir waren ein­fach zu faul, einen Zug zu buchen.) Ein paar Jah­re spä­ter rief mich Gabi an und sag­te, sie wäre jetzt doch bei der Buch­mes­se in Leip­zig gewe­sen, mit einer Kol­le­gin. Und?, frag­te ich. – Ver­giss es, sag­te Gabi. Du kommst mit drei Papier­sa­ckerln voll Bro­schü­ren wie­der raus und hast so vie­le Bücher im Kopf, dass du sie sofort wie­der ver­gisst. Also beschloss ich, dass ich dort nicht unbe­dingt hin­muss. Nicht als Lese­rin.
Aber als Autorin? Noch dazu auf Ver­lags­kos­ten? Da muss schon ein Luft­sprung erlaubt sein.

​​Leip­zig also. Am Abend von Graz nach Wien, ein biss­chen zuviel Rot­wein mit Eli­sa­beth – einer ande­ren Freun­din, die ich lan­ge nicht mehr gese­hen habe. Um 4h ins Taxi, zum Flug­ha­fen. Als wir ankom­men, wird im Hotel gera­de gefrüh­stückt. „Wir müs­sen gleich los“, sagt Mar­ti­na, mei­ne Lek­to­rin.

Und dann bin ich plötz­lich drin. Was soll ich sagen? Gabi hat­te recht. Es sind zu vie­le Bücher.
Nach dem Start am Han­ser-Stand schmö­ke­re bei der Slo­we­ni­schen Lite­ra­tur und plötz­lich höre ich – die Stim­me vom Glech­ner! Tat­säch­lich. Liest da ums Eck ein alter Bekann­ter aus dem Café Anno. Ich war­te also, bis sei­ne Lesung vor­bei ist – eine hal­be Stun­de Plau­dern, so ver­geht die Zeit bis zur eige­nen Lesung schnel­ler. Der Glech­ner drückt mir ein Pro­gramm in die Hand. „Schau mal. Die Dori liest heut auch.“
Theodo­ra Bau­ers Debüt ist gera­de erschie­nen. Die Dori hat im Anno schon gele­sen als sie noch Schü­le­rin war. Wenn es so wei­ter­geht, ist das Anno heu­te leer …

Wäh­rend ich auf Dori war­te, tref­fe ich Sama – des­sen Psy­cho­the­ra­peu­ten-Couch wir vor eini­gen Jah­ren reih­um aus­pro­bier­ten, als wir uns in sei­ner Pra­xis zur Feed­back­run­de tra­fen. Ich damals mit den ers­ten Kapi­teln aus mei­nen Manu­skript. Sein damals wirk­lich sehr dickes, noch unfer­ti­ges und unver­öf­fent­lich­tes Werk wur­de gelobt, aber mit den Wor­ten „Nie bringst du das unter, viel zu kom­pli­ziert und dick!“ bedacht. Nun ist aus dem Manu­skript doch ein Buch gewor­den – wenn auch in gekürz­ter Form.

Der Rest des Tages besteht zu 90 % aus War­ten. Mei­ne Lesung fin­det erst um 16:00 statt – bis zu Doris Lesung ver­trei­ben wir uns gemein­sam die Zeit. Wie 2 Teen­ager schau­en wir, wo es was zu essen gibt, las­sen uns schließ­lich in der W‑Lan-Ecke nie­der und pos­ten Sel­fies auf Face­book. Dori erklärt mir mein zwei Tage altes Smart­phone. Das Ding ist mir noch unheim­lich, aber als ich vor Sara­je­vo sag­te: 2 Wochen nicht erreich­bar, hieß es im Ver­lag plötz­lich: Aber du musst dei­ne Mails regel­mä­ßig lesen!
Jetzt weiß ich, was mein smar­tes Pho­ne noch alles kann.Facebook-Selfies sind heut­zu­ta­ge ver­dammt wich­tig – vor allem auf der Leip­zi­ger Buch­mes­se.

Die Lesung in dem Lesungs­ko­bel dann so: Schön, da kann man sich mit den schwe­ren Sackerln hin­set­zen und Pau­se machen. Müde, teil­nahms­lo­se Gesich­ter, die mir nicht mal ent­ge­gen­star­ren. Blick auf den Tep­pich gehef­tet. Gedan­ken schon beim Abend­essen.

mit Theodo­ra Bau­er (die schon als Schü­le­rin wahn­sin­nig tol­le Tex­te schrieb)

Mein Abend­essen dann im Auers­bach­kel­ler. Ich ler­ne die Ver­lags-Mit­ar­bei­te­rIn­nen ken­nen und Micha­el Köhl­mei­er, der neben mir sitzt. Die Jun­gen (und Jung­ge­blie­be­nen) sind in Par­ty­stim­mung. Zum Glück ist mei­ne Lek­to­rin es nicht. (Im Gegen­satz zu ihr wer­de ich es nie sein. Freu­de, als ich die Hotel­zim­mer­tür hin­ter mir schlie­ße.)

Tag zwei begann hek­tisch. Mit Patri­cia Schö­ning von einem Ende der Mes­se zum ande­ren – durch ein Men­schen- bzw. Man­ga-Meer. Gang gesperrt, wir ste­cken fest. Das Inter­view beginnt in 5 Minu­ten, in 4 Minu­ten, in 3 Minu­ten. Sprich­wört­lich in letz­ter Sekun­de errei­chen wir den Auf­nah­me­raum. Das erin­nert schon ein biss­chen an die Bom­ben mei­nes Kind­heits­hel­den Mac­Gy­ver. Durch­schnau­fen, Was­ser trin­ken, Fra­gen beant­wor­ten.
Wir ver­ab­schie­den uns bis zu den Wort­spie­len in Wien, spä­tes­tens beim Debüt­fes­ti­val in Kiel. Die Welt wird klei­ner.

Danach Man­gas foto­gra­fiert – auch so kann man sich die Zeit ver­trei­ben.

Bis zur eige­nen Lesung las­se ich mich im Öster­reich-Kaf­fee­haus nie­der. Stun­den­lang. Vie­le Lesun­gen zie­hen an mir vor­bei, nach Jah­ren wer­de ich nicht mehr wis­sen, wel­che es waren.
Egal. Es ist der gemüt­lichs­te Ort auf der gan­zen Buch­mes­se – man bekommt Stru­del und einen Gro­ßen Brau­nen ser­viert und hört Lite­ra­tur. Die War­nung, ich sol­le nicht böse sein, wenn im Hin­ter­grund alle tratsch­ten, war unbe­rech­tigt. Mei­ne Lesung kommt an, lockt Besu­cher an die Tische, am Schluss ste­hen und sit­zen sie rund um das Kaf­fee­haus. Wie gern wür­de ich im Text inne­hal­ten – Han­dy hoch, Sel­fie, Beweis! Jetzt müs­sen Sie es mir so glau­ben.

Lesung in der Öster­reich-Biblio­thek

Ganz ohne Sackerl bin dann übri­gens auch ich nicht nach Hau­se gereist. Der Lese­stoff fürs nächs­te Monat ist also gesi­chert!