Freund*innen schi­cken mir Links zu prä­mier­ten Fil­men, die man jetzt gra­tis strea­men kann. 
Via Face­book wer­de ich auf min­des­tens 5 ver­schie­de­ne Online­le­sun­gen pro Tag hin­ge­wie­sen, in den Lap­tops der ande­ren ent­ste­hen neue Roma­ne, mei­ne Ver­wand­ten nüt­zen die Gele­gen­heit, sor­tie­ren die Bücher in ihren Buch­re­ga­len und züch­ten Toma­ten.
Mei­ne Pflan­zen hin­ge­gen kre­pie­ren. 
Unse­re Woh­nung ist so chao­tisch wie nie zuvor, unter unse­rem Bett jagen sich die Woll­mäu­se von einer Ecke zur ande­ren. 
Wir schau­en jetzt jeden Abend eine Kri­mi­se­rie auf You­Tube, die uns in Ö1 emp­foh­len wur­de – immer­hin, da kann man sich ein­re­den, dass sie so dumm gar nicht ist.
Tags­über sit­ze ich am Lap­top und star­re trä­ge auf den Bild­schirm. Ver­su­che, pro­duk­tiv zu sein – am Ende des Tages ist ein­fach nur ein wei­te­rer Tag ver­gan­gen.
Seit­dem die Bau­märk­te wie­der geöff­net haben, wird in unse­rer Anla­ge gebohrt, gestemmt und gehäm­mert. Wir timen unse­re Gas­si­geh­run­de nach der Bohr­ma­schi­ne der Nach­ba­rin – die hat jetzt sogar den Schim­mel vom Küchen­fens­ter weg­ge­wischt. Über­haupt schaut die Nach­ba­rin ein biss­chen fröh­li­cher aus als sonst, scheint ihr gut zu gehen daheim. 
Auf unse­rem Weg zu den Müll­kü­beln spie­len wir hei­te­res Beru­fe­ra­ten. Danach gehen wir die übli­che Run­de, an der Kir­che vor­bei zum Schwimm­bad, den Bach ent­lang, an den Fel­dern vor­bei. Die Anrai­ner über­ho­len uns mit ihren auf Hoch­glanz polier­ten SUVs, alle hal­ben Minu­ten sprin­gen wir zur Sei­te, in Rich­tung Zaun oder Zecken­he­cke. Eine Frau beschwert sich, wir sind ihren Zaun­lat­ten (und damit auch ihr) zu nah gekom­men.
Ich zei­ge mei­nem Mann den Flie­der und die ver­blüh­ten Magno­li­en, sage: So hat’s in mei­ner Kind­heit am Mut­ter­tag aus­ge­se­hen.
Ich kom­me mit den All­er­gie­ta­blet­ten nicht mehr nach und wei­ne.
Das Elek­tro­au­to, das uns zur Abwechs­lung über­holt, kommt mir vor wie der ver­zwei­fel­te Ver­such eines klei­nen Kin­des. 
Ich habe kei­ne Hoff­nung mehr. Habe zu vie­le geleas­te Gelän­de­wä­gen vor her­un­ter­ge­kom­me­nen Wohn­haus­an­la­gen gese­hen. Habe mir zu oft erzäh­len las­sen, wie bil­lig die Rei­se nach Asi­en gewe­sen sei (All inclu­si­ve, 14 Tage Tro­pen­wet­ter und Früch­te, das glaubst du nicht!) Habe zu oft erlebt, wie ande­re ihr Sofa alle paar Jah­re gegen ein neu­es getauscht haben.
Habe zu oft gese­hen, dass ande­re den Kopf dar­über schüt­teln, wenn die Schu­he aus­ge­tre­ten, die Wes­ten geflickt, das Bad nicht reno­viert, die Tas­ta­tur des Lap­tops lücken­haft ist und die Urlau­be sel­ten und immer in Euro­pa statt­fin­den.
Loser. Das sind wir in ihren Augen.
Wir bie­gen in unse­re Wohn­gas­se ein und ersin­nen Maß­nah­men zum Schutz der Umwelt. 
Mein Mann schlägt vor: Geschwin­dig­keits­be­schrän­kung auf Auto­bah­nen.
Ich sage: Car­sha­ring, weg vom Besitz­den­ken. Aus­bau des öffent­li­chen Ver­kehrs. 3x gra­tis was lie­fern las­sen dür­fen, wenn man nach­wei­sen kann, dass man kein Auto hat.
PS-Beschrän­kung in der Auto­in­dus­trie, sagt mein Mann, der selbst pen­deln muss.
Ein­schrän­kung im pri­va­ten Flug­ver­kehr, sage ich, Fern­rei­sen nur alle 5 Jah­re erlaubt (Aus­nah­me: Besuch von engen Fami­li­en­mit­glie­dern.)
Unser Maß­nah­men­pa­ket kommt uns zu harm­los vor.